Heute war ein Tag der Gegensätze: absolute Highlights und niederschmetternde Abbruchgedanken; rasante Talfahrten und schwergängige Bergbesteigungen; Sonnenbrand und Gegenwind. Außerdem haben wir heute die Offroad-Kompetenzen des Anhängers bis an seine Grenze getestet und sind sowohl Pferden als auch Autofahrenden gehörig auf die Nerven gegangen. Das alles auf unserer mit 20km bisher längsten Strecke von Römerstein-Böhringen nach Lonsingen (St. Johann).
auf einen Blick: Römerstein-Böhringen - Lonsingen (St. Johann)
Länge: 19,4km (sagt Tractive)
Höhenmeter: 376m hoch, 435m runter (sagt GoogleMaps)
Dauer: Wir haben heute mit Pausen 8,5h gebraucht
Start: Römerstein-Böhringen (Airbnb)
Ziel: Lonsingen St. Johann (Airbnb)
Empfohlene Ausrüstung: Eine Alternativroute von Wittlingen nach Sirchingen oder direkt nach Lonsingen. Und auf jeden Fall eine detailliertere Wanderkarte. Ich hab für das Gebiet nur eine mit Maßstab 1:50.000. Bisher ging das gut, aber für das Ermstal ist das zu wenig. Und GoogleMaps kann man da diesmal echt vergessen.
Der Weg: Wir starten in Römerstein-Böhringen und laufen in Richtung Albstadion. Dort dem Fahrradweg nach Hengen folgen. Der Weg führt mit angenehmer Steigung und Gefälle durch Wald und Felder nach Hengen. In der Ortsmitte nicht mehr der Beschilderung folgen, sondern weiter bergauf bis hinter den Ortsrand gehen. Am höchsten Punkt führt ein alternativer Fahrradweg nach Wittlingen, der nicht an der Straße entlang verläuft. Am östlichen Rand von Wittlingen zuerst in Richtung Parkplatz Hohenwittlingen laufen, dann aber nicht in die Straße, sondern erst eine Straße später einbiegen und dem Schotterweg bis in den Wald folgen. Anschließend in Richtung Geschlitzter Fels auf den Wanderweg durch die Kernzone Biosphärengebiet bergab, Und spätestens hier einen Alternativplan haben, denn wir sind den Weg bis an sein Ende gegangen und mussten anschließend ein gutes Stück auf der B465 laufen, bevor wir die Erms überqueren und auf dem dahinterliegenden Fahrradweg wieder in die entgegengesetzte Richtung laufen konnten. Dem Fahrradweg folgen wir weiter in Richtung Upfingen, bergauf, bergauf, bis dieser an seinem Ende in die Straße mündet. Nachdem wir dieser ein kurzes Stück gefolgt sind, geht linker Hand ein Weg in den Wald, welchem man bis Lonsingen folgt.

Wir beginnen die Wandertour richtig gut gelaunt. Die Sonne lacht vom strahlend blauen Himmel, gleichzeitig weht ein laues Lüftchen, sodass es nicht zu warm wird. Herrlich, so könnte jeder Wandertag aussehen! Außerdem sind wir beide ausgeschlafen nach der Nacht in dem tollen Airbnb - ich glaube, Laki hat sich Nachts nicht einmal bewegt und am liebsten hätte er den Wohnzimmerteppich (richtig groß, richtig dick und richtig flauschig… also der Teppich, nicht der Hund) wahrscheinlich mitgenommen. Weil aber das Airbnb den kleinen Haken hatte, dass die Wohnung im zweiten Stock liegt und die Treppen für Laki ziemlich steil und ein bisschen gruselig sind, haben wir den Morgenspaziergang ausfallen lassen. Entsprechend hatte Laki auch noch kein Frühstück. Nachdem wir etwa eine Stunde zwischen Feldern und durch den Wald gelaufen waren, holen wir das aber sofort nach. Und wir finden dafür sogar eine Bank! Hurra!

Übrigens bin ich sonst nicht so bankfixiert. Aber ich finde, dass es das Rucksack-Anziehen enorm erleichtert. Vorallem für den Rücken und das Handgelenk. Zwanzig Kilo sind halt zwanzig Kilo. Da hilft jeder Zentimeter, den ich den Rucksack nicht auf meinen Rücken wuchten muss.
Heute haben wir diesbezüglich ja Glück und zur Feier des Augenblicks gönne ich mir bereits eine erste Gummibärchenpause.

Zur besseren Verdauung muss/soll/darf/kann Laki danach im Wagen fahren. Wir entscheiden uns für einen minikleinen, winzigen Umweg, um nicht an der Straße entlang laufen zu müssen (wie wir im Laufe des Tages noch sehen werden, gibt es zwar schlimmeres, als auf einem Fahrradweg neben der Straße zu laufen, aber wenn ich kann, dann vermeide ich das). Es lohnt sich außerdem, denn die Aussicht ist wirklich schön und die Straßenplanung höchst eigenartig. Ich meine, was ist der Sinn einer solchen Belaggestaltung? Materialeinsparungen?

Wir erreichen Wittlingen und... alter Schwede ist das ein steiles Dorf. Überall geht es runter und dann geht es wieder hoch. Da würde ich mal wirklich gerne mit Laki tauschen.
Irgendwann schaffen wir es aber doch an das Dorfende (und damit quasi das Ende der Steigung) und müssen uns im Wald stärken. Nach einem vernünftigen Vesper gibt es ein Löffelchen Himbeermarmelade als Nachtisch. Dieses leckere und selbstgemachte Souvenir stammt von meiner Gastgeberin aus Römerstein-Böhringen (Danke dafür!) und versüßt mir heute mehrmals den Tag.

Es folgt ein Abschnitt, an dem ich ernsthaft die Physik verfluche und überlege, stattdessen Astrologie zu unterrichten. Denn mal ganz ehrlich: wer hat sich diese unnötige Hangabtriebskraft ausgedacht? Jetzt gilt ja nach Newton ganz allgemein für die Kraft F, dass sie gleichzusetzen ist mit dem Produkt aus Masse m und Beschleunigung a, also F=m x a. Für die Hangabtriebskraft spielt noch der Winkel mit rein, aber so genau müssen wir es uns gar nicht angucken. Was viel wichtiger ist, ist der Zusammenhang zwischen Masse und Kraft: wird die Masse größer, wird die Kraft größer. Ja Mist. Doppelter Mist, wenn zusätzlich zur eigenen Körpermasse auch noch die 20kg im Rucksack mit reinspielen. Und dreifach Mist, wenn auch noch der 30kg schwere Goldie im Wagen sitzt, weil Frauchen denkt, dass sie seine Energie lieber für den (vermutlich äquivalenten) Anstieg auf der anderen Flussseite aufsparen will. Denn dann zieht der mit Wagengewicht natürlich auch. Und alles müssen meine zwei kleinen, armen, viel zu schwachen Oberschenkelchen stemmen... Ja, liebe Physik. Ich bin Stier und demnächst nehme ich dich auf die Hörner für die Hangabtriebskraft!
Tatsächlich wird mir die Steigung recht schnell zu viel, sodass ich den Wagen mit der Hundeleine sichere, die ich mir um den Bauch binde. Nicht, dass Laki sich alleine auf Talfahrt begibt.

Irgendwann schaffen wir es doch runter, nur um vor dem nächsten Problem zu stehen: der B465. Und ich sehe keinen Weg. Verwirrt schaue ich auf mein Handy, denn GoogleMaps hat klipp und klar diese Route vorgeschlagen. GoogleMaps kann mich mal! Das Programm will, dass wir auf der Straße laufen.
Zu gefährlich, beschließe ich und suche nach einer Alternative. Es gibt keine.
Also laufe ich auf der Straße. Mit dem Hund im Wagen. Der fast einen Meter breit ist. Rechts geht die Böschung steil hoch, links steil runter (zwar nicht weit, aber in den Bach. Das ist also auch keine Option.
Ich setze ein entschuldigendes Lächeln auf und schiebe jedes Mal, wenn mir ein Auto entgegen kommt, den Wagen tief ins Gras hinein. Was jedes Mal ein elendes Geschiebe ist, bis ich den Anhänger wieder auf dem Asphalt habe, aber sei's drum: Safety first.
Die Autofahrenden wirken nicht ganz so begeistert von meinem Vorhaben, aber keiner macht seinem Ärger Luft und alle fahren netterweise in einem großen Bogen um uns herum. Insofern klappt das ganz gut...
...bis eine Leitplanke kommt. Shit.
Zu meiner Linken ist eine Pferdekoppel und dahinter soll die Durchfahrt durch den Pferdehof zu unserem anvisierten Fahrradweg führen. Das Ende naht! Umdrehen ist keine Option (zumal ich nicht nur die Strecke zurück, sondern auch noch etwa genauso viel in die andere Richtung auf der Straße laufen müsste). Also bleibt mir nur eine Möglichkeit. Ich hole Laki aus dem Wagen, nehme Anlauf und wir schaffen es tatsächlich irgendwie auf die andere Bachseite an die Pferdekoppel. Der schwarze Kaltblüter auf der Weide schaut indigniert und etwas misstrauisch dabei zu, wie wir uns anschließend durchs Gestrüpp kämpfen. Und mit Gestrüpp meine ich so eine richtig fiese Mischung aus Brennnesseln, Dornenranken, getrocknetem Schilf und sonstigem Gesträuch. Laki will gar nicht laufen, weswegen ich ihm seine Schuhe anziehe. Weiß ja niemand, dass das eigentlich Hausschuhe sind. Trotzdem kommt es zu einigen Meinungsverschiedenheiten, weil Laki ganz nach links zur Koppel zieht, wo angenehm begehbares Gras ist - aber halt auch der Stromzaun. Also ziehe und schiebe und schimpfe ich ihn immer wieder auf die andere Seite, während ich mit vollem Körpereinsatz den Anhänger gleichzeitig vorwärts bugsiere. Auf den letzten zwanzig Metern scheint es auf der anderen Seite des Baches ganz okay zu sein und Laki (dem ich vorher noch seine Schuhe ausziehe) will sowieso ins Wasser. Also lasse ich den Hund schlabbern, hieve, zerre und schubse den Anhänger nicht nur ins Wasser, sondern auch auf die andere Seite, finde heraus, dass ich auch mit Wanderrucksack für eine Mehrtagestour und mit Hundefutter etwa 120cm weit springen kann (mehr aber auch nicht, fast hätte ich nasse Füße bekommen)...nur um zu bemerken, dass die Steigung auf dieser Seite immer noch zu steil ist. Also alles wieder retour.

Ich weiß nicht, wie, aber irgendwie haben wir es sicher auf den Fahrradweg geschafft. Ich bin fix und fertig und schwöre, nie wieder GoogleMaps zu benutzen (es hat etwa eine Stunde gehalten und das auch nur, weil wir eine Pause gemacht haben). Doch auch die Karte enttäuscht mich heute... auf der Karte sind die verschiedenen Routen farblich codiert. Die roten Wege sind Wanderwege, die grünen Wege sind Fahrradwege. So weit, so gut. Bisher haben die grünen Wege mit dem Anhänger zwar besser funktioniert, aber auch rote Wege bin ich schon gelaufen - sofern es sich dabei nicht um die gestrichelten Wege handelt, denn das sind Pfade. So sagt es die Legende. Durchgezogen: Weg, gestrichelt: Pfad. Also war mein Plan, den roten, durchgezogenen Weg zu den Sirchinger Wasserfällen zu nehmen. Der wäre auch kürzer. Aber schon zu Beginn des Weges ist eigentlich klar, dass sich hier irgendjemand vertan hat. Der Weg ist nicht viel besser als ein Trampelpfad. Meine Befürchtung, dass wir da nicht mit dem Anhänger durchkommen, wird von einem freundlichen älteren Ehepaar dann leider bestätigt. Also müssen wir den großen Umweg nehmen und auf dem Fahrradweg bleiben. Was für ein Mist.

Anschließend geht es zwei Stunden bergauf. Laki läuft zum Glück den Großteil der Zeit, aber auch so kommen wir nur langsam vorwärts. Der Weg führt wieder durch eine Kernzone des Biosphärengebiets, sprich: Urwald. Es ist ein wirklich schöner Wald, aber ich habe nur noch ein halbes Auge dafür übrig. Mein Wasser wird auch knapp, weil ich vormittags wegen der Sonne so viel an Laki abtreten musste. Zum Glück ist die Gastgeberin meines nächsten Airbnbs sehr entspannt, denn pünktlich zum Check-in schaffe ich es nicht mehr.
Ich kürze an dieser Stelle mal ab: Als wir dann endlich oben sind, schickt uns GoogleMaps wieder auf die mit Autos befahrene Straße (war ja klar), doch wir können recht bald in den Wald abbiegen. Der Rest der Strecke am Skilift Upfingen vorbei ist unspektakulär, asphaltiert und führt stetig leicht bergab. Man könnte es fast als Wohltat beschreiben...
Und jetzt sitze ich in meinem Airbnb-Zimmer, Laki habe ich unter die Wärmelampe gelegt und ich glaube, er hat es bisher immer noch nicht mitbekommen, so tief schläft er schon. Mal sehen, wie es morgen weiter geht, mit fast 20km und 400 Höhenmeter hoch und runter in den Beinen...
Müde Grüße,
wir zwei
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Choucas (Donnerstag, 17 April 2025 00:50)
EIN ZIEMLICH ANSRENGENDER TAG HEUTE FÜR EUCH BEIDE. SUPER !!!